Samstag, 29. Oktober 2011

Das Piriformis Syndrom


Heute möchte ich euch mit einem Beschwerdebild bekannt machen welches von Orthopäden und Ärzten gerne als Bandscheibenproblematik diagnostiziert wird.
Das Piriformis Syndrom:
Der Birnenförmige Muskel, Musculus piriformis,  ist nur ein sehr kleiner Muskel, dessen Funktion eigentlich andere Muskeln vollständig übernehmen könnten. Ausgerecht er kann unangnehme Beschwerden verursachen.  Meist liegt dem Krankheitsverlauf mangelndes Streching und vor allem aber fehlende Rumpfkräftigung zugrunde.
Der Piriformis dient dem Bein, oder genauer gesagt dem Oberschenkel als Außenrotator. Er entspringt dem Oberschenkelkopf und setzt am sehnig am Kreuzbein an. Verkürzt oder verdickt sich der Muskel wird der benachbarte Ischiasnerv gegen die knöcherne Struktur des Beckens gedrückt, infolge dieser Kompression entstehen die typischen pseudoischialen Schmerzen die dehnen eines Bandscheibenvorfalls ganz ähnlich sein können.
Nur selten wird das Piriformis Syndrom durch den behandelnden Orthopäden diagnostiziert. Meist zielt die Behandlung recht oberflächlich auf klassische Ischialgien oder einen Bandscheibenvorfall ab.
Schmerzbild:
  • Schmerzen Lendenwirbelsäule
  • Schmerzen im Gesäß
  • Schmerzband entlang des Beines, gesamt oder sektional
  • Schmerzen beim Treppenauf- und Absteigen
  • Schmerzen beim Radfahren, Schwimmer und/oder Joggen
  • Schmerzen beim Liegen auf der betroffenen Seite
  • Ameisenlaufen und Kribbeln
Lähmungserscheinungen und Kontrollverlust treten normalerweise nicht auf.
Normalform

Abnormität

Abnormität
Abnormität


Wie man nun einfach Schlussfolgern kann wirkt sich in diesen Fällen ein verkürzter oder verdickter Piriformis besonders negativ aus.
Nicht nur der piriformis kommt als Ischias- und Beinreizer in Frage. Der kleine Gesäßmuskel, gluteus minimus, kann ebenfalls einem Schmerzbild eines Bandscheibenvorfalls ähneln.
Beide Muskeln werden mit den gängigen Gesäßdehnungen gedehnt.


Kräftigungsübungen:
  • Abduktorentraining
  • Training der tief liegenden Hüftmuskulatur
  • Training der Ischiocruralen muskulatur  (Beinbeuger, Oberschenkel Rückseite)
  • Training der Rückenstrecker und der Bauchmuskulatur sowie der Hüftbeugemuskulatur
Wie diese Übungen durchgeführt werden erfragt Ihr am besten bei eurem Fitness Trainer.

Dehnungsübungen:


Sehr effektiv: Bein unter den Körper legen und in Richtung  gegenüber liegender Schulter drehen, Körper über verlängertes Bein absenken, 60-120 Sek. halten 

 Weniger effektiv: Bein über Knie legen und nach hinten anziehen, 60 Sek. halten
Sehr effektiv: Bein diagonal zur gegenüberliegenden Schulter drücken, Unterschenkel als hebel zum Körper drehen, 30-60 Sek. halten
Achtung: Hebeldrehung wirkt auch aufs Knie! Also Vorsicht!

Effektiv: In der Hocke nah zum Köprer ziehen, ca. 60-120 Sek. halten



Weitere Behandlungsmöglichkeiten:
  • Trainingsumfänge beim Laufen reduzieren oder eine Laufpause einlegen
  • Dehnungs- und Rücken/Rumpf-Kräftigungsprogramm in den Alltag einbauen
  • Heisse Anwendungen (Dusche, Bad, Rotlicht, Wärmeflasche)
  • Piriformismassage (nicht einfach, der Muskel liegt unter dem M. Gluteus maximus und ist nicht ertastbar) zum Beispiel mit dem Lacrosse Ball, den könnt ihr bei Amazon erhalten

Bis zur kompletten Heilung und Schmerzfreiheit können einige Monate ins Land gehen. Deshalb aber nicht aufgeben. Konsequent weiter trainieren und aktiv bleiben ist das Beste was ihr tun könnt.


9 Kommentare:

  1. Vielen Dank! Dieser Beitrag hat mich enorm unterstützt, die "Pseudo-Ischias" Schmerzen durch die Dehnungsübungen in den Griff zu bekommen.

    AntwortenLöschen
  2. Danke für die guten Bewertungen! Falls ihr noch weitere Fragen habt, postet sie gerne hier. Weiterhin alles Gute für euch !

    AntwortenLöschen
  3. Vielen Dank für diesen Beitrag. Ich bin indirekt durch meinen Physiotherapeuten auf dieser Seite gelandet. Nach einem Fehltritt und danach folgendem unglüchen Ausfallschritt hatte ich extreme Schmerzen im Gesäß. Ich konnte nicht sitzen, nicht liegen, nicht laufen ... es tat alles nur sehr weh. Ich bin nicht besonders wehleidig, aber das war die Hölle. Zwei Tage danach war ich beim Orthopäden, der mich wieder weggeschickt hat, weil ich ohne Überweisung kam und kein Notfall war. Zu der zeit konnte ich mich kaum noch auf den Beinen halten. Der Chirurg hat mich nicht drangenommen, weil ich zum Orthopäden muß, mit diesen Beschwerden. Eine Allgemeinärztin hat mich dann als Notfall drangenommen und ein Röntgenbild veranlaßt. Sie war der Überzeugung, es wäre die Bandscheibe oder so. In der Radiologie bekam ich dann eine CD mit dem Bild mit. Der Orthopäde, bei dem ich mit dem Bild war hat auch was von Bandscheibe gesagt. Dann wollte ich meinen Physiotherapietermin absagen und habe dem Therapeuten gesagt, was los ist. Der hat sich das Röntgenbild angesehen (an den Knochen war nix) und hat dann ein paar Tests gemacht. Ich bekam eine Fangopackung und wie durch Zauberhand wurden die Beschwerden schlagartig besser. Wie mir mein Therapeut erklärte, ist es dieser Muskel.
    Wieso wissen das die Ärzte und vor allem auch die Orthopäden nicht, daß dieser Muskel solche Beschwerden machen kann? Wozu haben die studiert, wenn die alles auf die Bandscheibe schieben? Ach ja, Alterserscheinungen wurden noch bemüht. Ich bin grad mal 48 Jahre alt. Man hat mich mit Schmerztabletten (Ibuflam 800) und einer Krankschreibung nach Hause geschickt und ich solle mich schonen. Die Tabletten haben nicht wirklich geholfen, ich konnte vor Schmerzen nicht schlafen. Meinem Therapeuten (der selber auch aktiv Sport betreibt) habe ich seit dem Vorfall die erste schmerzfreie Nacht zu verdanken. Ich habe mich genau an seine Anweisungen gehalten.

    Also nochmals vielen Dank für diesen Bericht. Er war sehr aufschlußreich.

    lieben Gruß, Kerstin Jahn

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo liebe Kerstin,

      sehr gerne und ich freue mich auch wenn ich dir helfen konnte :-).

      Löschen
  4. Endlich mal jemand der das Problem auf den Punkt bringt und effektive Tipps hat! Danke!
    Bin auf Grund der kalten Jahreszeit wieder anfälliger, was kann ich tun?
    Laufe mich vor schnellen Einheiten 15min ein und geh auch sofort nach dem laufen dehnen und duschen??!!

    AntwortenLöschen
  5. Hallo Ketheknete, bitte entschuldige die Späte Antwort, dein Kommentar blieb mir aus irgend einem Grund verborgen. Nun habe ich ihn jedoch entdeckt :-).
    Danke für dein Lob! Was Du schreibst klingt schon sehr gut. Zusätzlich könntest du nach dem Laufen einen tag warten und dann den Piriformis mit dem Ball massieren, so kann er sich wieder lockern. Nichts desto trotz solltest du auch Kräftigungsübungen für die Abduktorengruppe machen. Ich hoffe das hat Dir weitergeholfen, wenn auch verspätet.

    AntwortenLöschen
  6. Seit mindestens einem halben Jahr leider ich unter diesem Problem! Im Augenblick kann ich kaum sitzen. Gehen ,stehen ,liegen geht gut. Obwohl es ist immer in beiden Pobacken brennt. Kann ich trotzdem z.B. Tennis spielen? Irgendwie traue ich mich nicht.

    AntwortenLöschen
  7. Hallo Gnitto,

    Ich würde vielleicht mal ein bis zwei Wochen Pause machen und täglich zwei mal die piriformis Dehnungen und die Massage machen. Danach würde ich langsam wieder anfangen. 30 Minuten, dann 45 usw. und weiterhin täglich dehnen und massieren.

    Falls das nicht hilft melde dich gerne hier nochmal.
    Viele Grüße
    Sandra

    AntwortenLöschen